Viele Menschen, die an einem Obstruktiven Schlafapnoe-Syndrom (OSAS) leiden, wissen gar nichts davon. Den meisten von ihnen ist wahrscheinlich bekannt, dass sie schnarchen, sie denken sich aber nichts dabei. Schnarchen ist weit verbreitet, und in der Tat handelt es sich oft einfach nur um ein lästiges Phänomen, das aber ganz ungefährlich ist. Bei einer Schlafapnoe jedoch ist das anders. In diesem Fall ist Schnarchen ein Alarmzeichen. Und auch bei Tagesmüdigkeit – allein oder in Kombination mit Schnarchen – sollten Sie an die Möglichkeit eines Obstruktiven Schlafapnoe-Syndroms denken.
Bei einer Obstruktiven Schlafapnoe setzt im Schlaf immer wieder für einige Sekunden die Atmung aus. Das führt dazu, dass die Betroffenen nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt werden. Ihr Schlaf ist gestört und büßt seine Erholungsfunktion ein.
Am Morgen wachen Menschen mit OSAS häufig mit Kopfschmerzen auf und fühlen sich wie gerädert, obwohl sie doch mehrere Stunden geschlafen haben. Tagsüber sind sie müde und schlapp. Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit leiden. In der Folge kippt nicht selten die Stimmung, und es entwickelt sich eine Depression. Außerdem steigt beim OSAS infolge der Atemaussetzer das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall.
Mit anderen Worten: Eine Obstruktive Schlafapnoe mindert nicht nur die Lebensqualität in erheblichem Ausmaß, sie kann im schlimmsten Fall sogar lebensbedrohlich sein.
Das sollten Sie im Hinterkopf haben, falls Sie im Schlaf laute Schnarchgeräusche von sich geben. Wenn Sie außerdem tagsüber ständig müde sind oder eines der anderen genannten Symptome bei sich beobachten, ist es ratsam, zeitnah einen Arzt aufzusuchen und der Sache auf den Grund zu gehen. Es könnte eine Obstruktive Schlafapnoe dahinterstecken. Und es gibt noch ein weiteres Verdachtsmoment, das in diese Richtung weist: Übergewicht. Rund 80 Prozent aller OSAS-Betroffener bringen zu viele Kilos auf die Waage. (1)
Leitsymptome des chronischen Schlafapnoe-Syndroms sind anhaltende Tagesmüdigkeit und lautes Schnarchen. Vor allem wenn sich weitere Symptome hinzugesellen, sollten Sie einen Arzt um Rat fragen. Typisch für die Obstruktive Schlafapnoe sind folgende Beschwerden:
Die Dunkelziffer der Obstruktiven Schlafapnoe ist hoch. Schätzungen zufolge sind rund 5 Prozent aller erwachsenen Männer rund 3 Prozent aller erwachsenen Frauen betroffen, wobei das Risiko mit dem Alter steigt. (2) Da Betroffene selbst von ihren Schlafauffälligkeiten meist wenig mitbekommen, sind Hinweise der Partner/innen, Familie, Freunde oder auch Kollegen von großem Wert. Sie sind es häufig auch, die „Schnarcher/innen“ zu einem Arztbesuch drängen – oft jedoch ohne Erfolg. Gerade Männer, die besonders häufig an einer chronischen Schlafapnoe leiden, schieben einen Arztbesuch und die Diagnose im Schlaflabor gerne auf die lange Bank.
Tun Sie das nicht, denn es gibt gute Behandlungsmöglichkeiten, mit denen sich die Atemaussetzer verhindern lassen. Mit einer geeigneten Therapie gewinnen Sie viel an Lebensqualität zurück: Sie können wieder störungsfrei schlafen und wachen morgens ausgeruht auf. Sie sind fit für den Tag, und Ihre gewohnte Leistungsfähigkeit kehrt zurück. Außerdem schützt Sie die Therapie vor möglichen Folgerisiken wie Bluthochdruck, Herzerkrankungen, Diabetes Typ II oder einem Schlaganfall.
Besteht der Verdacht auf eine Obstruktive Schlafapnoe, werden Schritt für Schritt verschiedene Untersuchungen durchgeführt, um die Diagnose zu sichern.
Die zuverlässigste Methode eine OSA zu diagnostizieren, ist eine sogenannte Polysomnographie im Schlaflabor. Aber man wird natürlich nicht jeden Menschen, der schnarcht und öfter mal müde ist, gleich ins Schlaflabor schicken. Erst erfolgen weniger aufwendige Untersuchungen, um den Verdacht zu erhärten oder auch zu entkräften.
Ansprechpartner ist im ersten Schritt Ihr Hausarzt, der Sie zunächst einmal eingehend befragen wird (Anamnese). Eventuell wird er auch Ihre/n Partnerin/Partner mit einbeziehen. Schildern Sie dem Arzt ausführlich Ihre Beobachtungen, denn diese sind ganz wichtig für die Diagnosefindung. Auch das Thema Sexualität wird Ihr Arzt ansprechen, denn sexuelle Empfindungsstörungen bzw. Erektionsstörungen können mit einer Obstruktiven Schlafapnoe in Zusammenhang stehen. Eventuell kommen bei der Anamnese standardisierten Fragebögen zum Einsatz, die speziell für die Diagnose der chronischen Schlafapnoe entwickelt wurden.
Die Befragung wird ergänzt durch eine umfassende körperliche Untersuchung, zu der unter anderem Gewichtskontrolle und Blutdruckmessung gehören. Übergewicht kann nicht nur ein Symptom sein, sondern ist auch ein wichtiger Risikofaktor für die Entwicklung eines OSAS. Bluthochdruck ist eine häufige Folgeerkrankung, die maßgeblich mitverantwortlich ist für die erhöhte Herzinfarkt- und Schlaganfallgefahr. Entsprechende Hinweise bei Befragung und Untersuchung führen zu der Verdachtsdiagnose „Obstruktives Schlafapnoe-Syndrom“.
OSAS-Diagnose Schritt 1 – Anamnese:
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Im nächsten Schritt heißt es dann: Schlafen live. Es gilt, die Verdachtsdiagnose zu erhärten oder zu verwerfen. Deshalb muss während des Schlafens untersucht werden, ob es tatsächlich zu Atemaussetzern kommt und wie der Körper darauf reagiert: Sinkt der Sauerstoffgehalt des Blutes infolge der Atemaussetzer ab? Steigt der Blutdruck an? Gerät das Herz ins Stolpern? Das alles sind Fragen, die geklärt werden müssen.
In der Regel steht erst einmal eine Polygraphie auf dem Programm. Dieses „Screeningverfahren“ (OSAS-Screening) ist weniger aufwendig als eine Untersuchung im Schlaflabor, liefert aber bereits wichtige Hinweise, ob etwas dran ist an der Verdachtsdiagnose „Obstruktives Schlafapnoe-Syndrom“.
Die Polygraphie führen Sie selbst durch – ganz bequem und entspannt in Ihrer vertrauten häuslichen Umgebung. Keine Sorge: Man kann dabei nichts falsch machen. Ihr Arzt wird Ihnen alles ganz genau erklären. Anschließend nehmen Sie das Polygraphie-Gerät mit nach Hause, das sich in einem handlichen Koffer leicht transportieren lässt. Bevor Sie dann abends zu Bett gehen, müssen Sie lediglich einige Messfühler anbringen. Den Rest macht das Gerät ganz allein. Falls der Hausarzt eine entsprechende Qualifikation besitzt, findet dieser Diagnoseschritt ebenfalls unter seiner Betreuung statt. Anderenfalls wird Sie Ihr Hausarzt an einen Facharzt – einen Schlafmediziner – überweisen.
Die Polygraphie ist sozusagen eine Miniausgabe der Untersuchung im Schlaflabor und wird deshalb auch salopp als „kleines Schlaflabor“ bezeichnet.
Während des Schlafs registriert das Polygraphie-Gerät den Atemfluss und etwaige Atempausen, die Atembewegungen von Brustkorb und Bauch, den Sauerstoffgehalt des Blutes, den Herzschlag, Schnarchgeräusche sowie die Schlafposition. Anhand der Aufzeichnungen kann der Arzt später sehen, ob sich während des Schlafens „ungewöhnliche Dinge“ ereignet haben. Ergeben sich durch die Polygraphie Hinweise auf eine Obstruktive Schlafapnoe, steht eine abschließende Untersuchung im Schlaflabor an. Ihr Arzt wird das ausführlich mit Ihnen besprechen und eine Überweisung an ein schlafmedizinisches Zentrum ausstellen. (3)
OSAS-Diagnose Schritt 2 – Polygraphie:
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Die Untersuchung im Schlaflabor, bei der eine Vielzahl von Messungen durchgeführt werden, nennt man Polysomnographie. (4) Damit wird die Verdachtsdiagnose „OSAS“ – also der Obstruktiven Schlafapnoe - endgültig gesichert. In der Regel wird sich der Verdacht bestätigen, aber es ist auch nicht ganz auszuschließen, dass die Polysomnographie zu einem anderen Ergebnis kommt. Im Schlaflabor werden ähnliche Untersuchungen durchgeführt wie bei der Polygraphie, aber die gewonnenen Daten sind noch sehr viel genauer und umfangreicher. Das ermittelte Schlafprofil umfasst eine Vielzahl von Messgrößen, die in der Summe eine sichere Aussage erlauben, ob eine Obstruktive Schlafapnoe vorliegt oder nicht. Gleichzeitig lässt sich mit der Polysomnographie die Schwere der Erkrankung ermitteln. Wichtig dabei ist unter anderem der sogenannte Apnoe-Hypopnoe-Index (AHI), der angibt, wie viele Atempausen in einer Stunde auftreten.
Unterschied zwischen Polygraphie und Polysomnographie:
Polygraphie: | Polysomnographie: | |
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Eine Polysomnographie bei OSAS-Verdacht wird in aller Regel in einem schlafmedizinischen Zentrum durchgeführt. Das heißt, Sie checken hier für eine Übernachtung oder eventuell auch mehrere Nächte ein. Dort sind Sie einem Patientenzimmer – einem Einzelzimmer – untergebracht, das meistens aber eher wie ein Hotelzimmer und nicht wie ein Krankenzimmer ausgestattet ist. Sie sollen sich wohlfühlen, damit Sie möglichst entspannt schlafen können.
Vor dem Zubettgehen werden Sie verkabelt: An Brustkorb und Armen bzw. Beinen werden Elektroden angebracht, um die elektrischen Herzsignale aufzuzeichnen (Elektrokardiogramm, EKG). Anhand des Langzeit-EKGs kann der Arzt anschließend erkennen, wie sich Ihr Herz während des Schlafens verhält: Schlägt es gleichmäßig oder gerät es vielleicht ins Stolpern, wenn die Atmung stockt? Der Blutdruck wird ebenfalls lückenlos kontrolliert. Und auch die Hirnströme im Schlaf werden registriert (Enzephalogramm). Dazu werden Elektroden aufgebracht: vier bis sechs auf dem Kopf, und fünf im Gesicht.
Außerdem wird die sogenannte Schlafarchitektur unter die Lupe genommen. Wir schlafen nicht die ganze Nacht über gleich tief und fest, sondern es wechseln sich unterschiedliche Schlafphasen ab. Abfolge und Ausmaß der verschiedenen Phasen sind ausschlaggebend für Qualität und Erholungswert des Schlafes. Eine besondere Bedeutung hat der sogenannten REM-Schlaf (Rapid Eye Movement). Während des REM-Schlafs bewegen sich die Augen blitzschnell hin und her. Jetzt träumen wir und verarbeiten, was wir tagsüber erlebt haben. REM-Phasen nehmen normalerweise im Laufe der Nacht zu und sind wichtig für eine gesunde Schlafarchitektur. Deshalb werden im Schlaflabor auch die Augenbewegungen protokolliert, die unter den geschlossenen Lidern gut zu erkennen sind. Bei einer gestörten Schlafarchitektur ist der Schlaf nicht richtig erholsam, was zu typischen OSAS-Symptomen wie Tagesmüdigkeit und Konzentrationsmangel führen kann.
Zusätzlich werden Sie im Schlaf mit einer Videokamera gefilmt – natürlich nur, wenn Sie dem ausdrücklich zugestimmt haben. Die Kamera hält unter anderem fest, ob es im Schlaf zu Weckreaktionen mit Körperbewegung kommt, was ein Zeichen für Atemaussetzer ist. Um Störungen der Atmung aufzuspüren, wird außerdem der Luftfluss an Mund und Nase mit speziellen Messfühlern registriert.
Die verschiedenen Untersuchungen, die im Rahmen der Polysomnographie durchgeführt werden, sind völlig schmerzfrei und der Schläfer bekommt gar nichts davon mit. Anfangs vielleicht etwas störend ist lediglich die Verkabelung. Sicher haben Sie sich schon gefragt: Kann man denn mit alle den Elektroden und Drähten überhaupt ein Auge zutun? Ja, das kann man. Seitens des Schlaflaborteams wird alles dafür getan, die Untersuchungssituation so komfortabel wie möglich zu gestalten. Die recht feinen Kabel werden gebündelt und so gelegt, dass sie die Bewegungsfreiheit und den Schlaf möglichst wenig beeinträchtigen.
Trotzdem kann es sein, dass Sie in der ersten Nacht nicht so gut schlafen wie zu Hause. Vielleicht fällt Ihnen das Einschlafen schwer oder Sie wachen zwischendurch öfter auf. Außerdem schläft man ohnehin nicht jede Nacht gleich. So gibt es bei Obstruktiver Schlafapnoe „gute Nächte“ mit wenigen Atemaussetzern und „schlechtere Nächte“, in denen sich die Aussetzer mehren. Die erste Nacht im Schlaflabor zählt häufig eher zu den guten Nächten (First Night Effect). Das heißt: Beurteilt man nur diese erste Nacht, würde die Erkrankung harmloser erscheinen, als sie wirklich ist. Deshalb werden Sie bei Verdacht auf eine Obstruktive Schlafapnoe in der Regel mehrere Nächte im Schlaflabor beobachtet. (5)
Im Schlaflabor wird man während der gesamten Nacht von einem Pfleger in einem separaten Raum überwacht. Per Klingel in der Nähe Ihres Bettes können Sie diesen rufen und problemlos einen Toilettengang vornehmen.
Tatsächlich schlafen viele Menschen im Schlaflabor zunächst eher schlechter als zu Hause. Und ja, es werden einige Sensoren am Körper platziert, aber diese stören i. d. R. schon nach kurzer Zeit nicht mehr. Sie sind für die erfolgreiche Untersuchung und Diagnose unabdingbar. Folgende Sensoren werden bei der Polysomnographie verwendet:
Nicht jeder schläft im Schlaflabor schlechter als zu Hause. Es gibt sogar einige Patienten, die sogar besser schlafen, weil der Druck entfällt, unbedingt schnell einzuschlafen oder am nächsten Tag zur Arbeit zu müssen. Egal wie – die Polysomnographie funktioniert in beiden Fällen korrekt und kann zuverlässig die Diagnose Schlafapnoe bestätigen oder widerlegen.
Die Polysomnographie im Schlaflabor ist – wie Sie inzwischen wissen – entscheidend, um eine Obstruktive Schlafapnoe sicher zu diagnostizieren. Das sehen auch die Krankenkassen so und übernehmen die Kosten, wenn eine ärztliche Überweisung vorgelegt wird.
OSAS-Diagnose auf einen Blick
Quellenangaben:
1 Deutscher Berufsverband der Hals-Nasen-Ohrenärzte e.V. Online verfügbar unter: www.hno-aerzte-im-netz.de/krankheiten/schnarchen-schlafapnoe/definition-und-haeufigkeit.html; Zuletzt abgerufen: April 2020.
2 Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). Online verfügbar unter: www.gesundheitsinformation.de/obstruktive-schlafapnoe.2120.de.html; Zuletzt abgerufen: April 2020.
3 Deutsche Ärzteblatt. Online verfügbar unter: www.aerzteblatt.de/archiv/175026/Verdacht-auf-Schlafapnoe-Wann-Ueberweisung-in-ein-Schlaflabor; Zuletzt abgerufen: April 2020.
4 Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM). Online verfügbar unter: www.dgsm.de/downloads/dgsm/arbeitsgruppen/ratgeber/neu-Nov2011/Untersuchung_A4.pdf; Zuletzt abgerufen: April 2020.
5 Büttner A, Rühle KH. Die Notwendigkeit der PSG: First Night Effect bei OSAS. Pneumologie. 2007;61-A3. doi: 10.1055/s-2007-985688.